128 - Das Demojahr 2006: Best of & Trends (.de)

Bobic, Mon 12 May 2008

Der Lärm detonierender Böller und Raketen hängt uns noch in den Ohren und die Nachwirkungen, welche die leckere Bowle von letzter Nacht zeigt, sind nicht zu übersehen. Nichtsdestotrotz haben wir auf die Zähne gebissen und lassen nun das vergangene Demo-Jahr Revue passieren. Begleitet uns auf unserem Rückblick durch die durchgestylte Welt der Demoszene des Jahres 2006, das auch im letzten Jahr gefüllt war mit Sensationen, Überraschungen und interessanten Trends. Wir stellen nicht nur unsere persönlichen Highlights des Jahres vor, sondern vergeben auch Auszeichnungen in speziellen Sonderkategorien, plaudern über Enttäuschungen und tun unsere Wünsche für 2007 kund.


Best PC-Demo:
1) Die Ewigkeit schmerzt / Neuro
2) Animal Attraction / ASD
3) 1995 / Kewlers & MFX
4) sts-02: Electric Kool-Aid / Synest.
5) Bombman / Matt Current
6) Deities /MFX
7) Track One / Fairlight
8.) Atomrave / Einklang.net
9) Genesis / Outracks
10) Onwards / Traction


Vielleicht ist es die Überraschung des Jahres, vielleicht aber auch nur der verdiente Lohn für außerordentliche Kreativität. Für Mut, für Talent, für Neuartiges. Was die deutsche Gruppe Neuro mit Die Ewigkeit schmerzt geschaffen hat, ist einzigartig. Hier steckt kein optisches Brimborium drin, es erwartet einen kein Farboverkill und keine komplexen 3D-Szenen. Diese Demo ist nackt, ist flach, ist schwarz und weiß und dennoch eine bezaubernde Schönheit. Coder, Designer und Musiker Paniq wirft mit poetischen Textbotschaften um sich, setzt die Buchstaben selbst in den Mittelpunkt, lässt sie zoomen, drehen, heranfliegen und im Rhythmus zu den brachialen Beats tanzen. Mit einer Inbrunst und Perfektion, dass es fast schmerzt. Nie zuvor haben wir so etwas gesehen und niemals wieder werden wir etwas dermaßen Außergewöhnliches zu Gesicht bekommen. Diese Demo ist ein Kunstwerk, wie es nur die Demoszene hervorbringen kann und ist verdientermaßen unsere Nummer 1 im Jahr 2006. Ein Werk für die Ewigkeit! Da ist es direkt schade, dass für ASD wieder nur der zweite Platz übrig bleibt. Mit Animal Attraction haben die Griechen erneut ein absolutes Effektschwergewicht geschaffen, mit unglaublich flüssigen und ideenreichen Übergängen. Dieses mal sogar mit richtig guter Musik. Selbst ein 1995, die wirklich perfekt gestylte Demo, die mit dem besten Soundtrack des Jahres, nicht einmal die konnte am Spitzenreiter rütteln. Doch dürfen sich beide Werke mit Medaillenplätzen schmücken, die sie sich auch redlich verdient haben. Was danach noch kommt? Etwa das wummernde sts-02: Electric Kool-Aid, das, würde es in Technoclubs gezeigt werden, das Publikum ohne weiteres in Extase versetzen würde. Oder aber die 3D-Schwergewichte Bombman, Deities und Track One, die auf hochgezüchteten Rechnern ein wahres Effektfeuerwerk abbrennen. Noch brandfrisch, aber verdientermaßen in den Top 10, tummelt sich Atomrave, das erst vor ein paar Tagen auf der TUM'06 released wurde und frisch frech daherkommt.


Best PC-64k Intro:
1) Aesterozoa / Kewlers
2) Dead Ringer / Fairlight
3) Chaos Theory / Conspiracy
4) Memento / Conspiracy
5) fr-048: precision / Farbrausch
6) Meet the Family / Fairlight
7) Offworld / Attempt of Suicide
8.) fr-052: platinum / Farbrausch
9) Riot of Flowers / Kakiarts
10) Icemachine Revolution / BC


Vom Standpunkt der 64k Intros gesehen war 2006 ein seltsames Jahr. Wir haben nicht viele Überflieger in dieser Kategorie gesehen, doch eine handvoll Releases hatte es dermaßen in sich, dass sie vielen ausgewachsenen Demos die Schau gestohlen haben. Zwischen den ersten vier Intros in unserer Hitliste war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Kleinigkeiten gaben letztendlich den Ausschlag für die Platzierung. Warum sehen wir Aesterozoa von Kewlers ganz oben? Weil es so wunderschön aussieht, weil es den Stil der Demoszene perfekt verkörpert, diesen gewissen Flow vermittelt und auch musikalisch ein Meisterwerk ist. Dead Ringer begeisterte uns ebenso. Von allen Beiträgen bietet es das beste Artwork, technisch den saubersten Sound, unglaubliche Animationen und ebenfalls perfektes Design. Die wahrscheinlich beste Fairlight-Produktion des Jahres! Conspiracy folgen auf den Plätzen 3 und 4. Ihr Chaos Theory ist ein brachiales Stück Software, gänzlich anders als ihre vorherigen Stücke, mutig, aggressiv und stylish. Hier holen die Ungarn noch einmal das letzte aus ihrer betagten Intro-Engine. Das lässt sich auch über ihr Memento sagen, das im krassen Gegensatz zu Chaos Theroy steht. Es ist so lieblich, aber auch so traurig, bringt die Gefühle in Wallung, umschmeichelt mit einem melodischen Soundtrack und erfrischt mit der Idee, alle Szenen innerhalb eines Bilderrahmens zu zeigen. Auf den Plätzen folgt fr-048: precision, das die beste Farbrausch-Intro der letzten 12 Monate ist, schick aussieht, verdammt gut klingt, aber dennoch nicht die Klasse der älteren FR-Intros erreicht. Meet the Family spielt in punkto Technik ganz weit vorne mit, hat aber zu wenig Style, da es einfach mehr nach Spiel als nach extravaganter Kunst aussieht. Überraschend konnte sich mit Offworld auch mal wieder eine russische Produktion viel Lob abholen. Hier erkennt man, dass man nach wie vor gelunge Intros mit dem alten .werkkzeug-Tool basteln kann.


Best PC-4k Intro:
1) Polarfield / Fuzzion
2) Michinygma / Limp Ninja
3) Glitterati / Fairlight
4) Inferno / Titan
5) Andromedary / Taat
6) Sanposhimastikum / Calodox
7) Raptor / Mercury


Zum Glück fand am Jahresende noch die TUM'06 statt, denn sonst hätte sich die 2006er-Generation der 4k Intros ganz schwach präsentiert. Gerade einmal sieben Vertreter haben wir zusammen bekommen, für die wir eine eindeutige Anschaupflicht aussprechen. Über alle Zweifel erhaben ist natürlich Polarfield, das so klinisch sauber aussieht, technisch auf Top-Niveau angesiedelt ist und tolle Musikuntermalung bietet. An die beste 4k Intro 2005, Parsec, kommt es jedoch nicht heran. Nur ganz knapp auf dem zweiten Platz findet sich das rasante Michinygma von Limp Ninja wieder, das so unglaublich tolle Musik bietet. Ebenso tolle Effekte, einen interessanten Shader-Look und wahnsinnig schnelle, perfekt getimte Schnitte. Auch Fairlight sind in dieser Kategorie vertreten und zeigen in Glitterati etwas beispielhaftes für 2006: wachsende Rohre und Linien. Titan haben uns hingegen wirklich überrascht. So viele unterschiedliche Effekte in einer Größe von nur 4 Kilobyte unterzubringen, grenzt in der Tat an ein wahres Inferno! Mehr in die klassische Intro-Richtung driftet Andromedary ab, das tolle Synchro und gute Effekte vereint. Auch Minas, die 4k-Intro-Maschine von Calodox, hat es mit seiner TUM-Intro Sanposhimastikum noch in die Hitliste geschafft. Technisch mal wieder astrein, aber etwas zu langatmig designt verhinderten hier höhere Platzierungen. Trotz allem hat uns diese 4k besser als der eigentliche Gewinner der TUM-4k-Compo gefallen. Raptor bietet zwar unheimlich viele, hübsche Szenen, aber langweilige Musik und zeigt deutliche Designdefizite.


Best Amiga-Demo:
1) Starstruck / TBL (Video)
2) Lux Aetherna Lucia Eis / Ephidrena (Video)
3) Kilofix / Iris (Video)


Es ist nun wahrlich keine Überraschung, dass das beste Amiga-Release 2006 wieder einmal von TBL kommt. Wie sollte es auch anders sein, denn immerhin hat Starstruck der geballten PC-Demoszene auf der Assembly 2006 die Rücklichter gezeigt und ist mit Volldampf auf das Siegerpodest gerast. Unglaublich, welche Effekte, welchen Detailreichtum die Schweden aus der einstigen Wunderkiste von Commodore zaubern. Mit dieser geballten Effekt-, Grafik- und Soundpower konnte auch das expressionistisch anmutende Meisterwerk Lux Aetherna Lucia Eis von Ephidrena nicht mithalten, das so wunderbar anders ist als vieles, was wir in diesem Jahr gesehen haben. Ebenfalls ein tolles Werk ist Kilofix von Iris, das den klassischen Amiga-AGA-Demo-Stil noch einmal auf perfekte Art und Weise aufleben ließ und sich die goldene Trophäe der Breakpoint 2006 sicherte.


Best Console-Demo:
1) Five Finger Discount / Shitfaced Clowns (GBA/Video)
2) Pulque / Hedelmae (GP2X/Win32-Port)
3) 4 Edges / TBL (PS2/Video)


Na eigentlich fristen Demos auf Konsolen noch ein Schattendasein, wären da nicht die aufmüpfigen kleinen Spielgeräte, allen voran Nintendos Gameboy Advance. Schon seit Jahren füttert ihn die Szene mit zum Teil überaus sehenswerten Produktionen. Doch erst die Shitfaced Clowns haben ihn im Jahr 2006 Hardware-technisch bis an seine Grenzen ausgereizt. Was sie mit ihrem Five Finger Discount abliefern, verursacht akute Hitzewallungen beim Prozessor von Nintendos Kleinem. Solch aufwändige 3D-Szenen sah man zuvor noch nie und auch wenn's hin und wieder etwas ruckelt, Design, Optik und Musik sind schlichtweg grandios! Ein gigantischer Flop war zwar das Gamepark GP2X Handheld, doch die Finnen von Hedelmae haben gleich mit ihrer ersten richtigen Demo, Pulque, dafür ein ganz feines Werk abgeliefert, das in bester Amiga-Demo-Tradition gehalten ist und richtig gute Musikuntermalung bietet. Dank Win32-Port kann man den Spaß auch auf modernen PCs genießen! Letztendlich nur Rang 3 blieb für die Amiga-Heroen von The Black Lotus übrig, die mit 4 Edges ihr Debüt auf der PS2 gaben und das einen zwiespaltigen Eindruck hinterließ. An vielen Stellen erinnert es an bekannte Amiga-Werke wie Silkcut, reizt die Hardware der Sony-Konsole jedoch bei weitem nicht aus. Enttäuschend fällt außerdem der Soundtrack aus, den Little Bitchard komponiert hat und der reichlich uninspiriert wirkt.


Best PC-Invitation:
1) Dark Side of Pluto / Outracks & Keyb.
2) Iconolatry / Traction
3) The Simulaatio 5 Invitation / MFX
4) Assembly 2006 / Rebels
5) Invitation for CC'06 / Ascaridas


Schon oft haben wir in Demos den Weltraum bereist, doch selten war die Reise so rasant wie bei der Invitation-Demo zur riesigen The Gathering 2006. The Dark Side of Pluto von den Gruppen Outracks und Keyboarders mag technisch gesehen nur Durchschnitt sein, doch treibt der pumpende Soundtrack von Irvin mit einer Inbrunst und perfekt abgestimmt durchs Universum, dass selbst in den Technotempeln dieser Welt das Publikum in wilde Extase verfallen würde. Etwas weniger hektische Töne schlägt da Iconolatry von Traction an, die uns von den Einladungsdemos am zweitbesten gefallen hat. Gehalten im typisch spartanischen, aber überaus kreativen Look, der ja inzwischen zum Markenzeichen von Maincoder Preacher geworden ist, und von melodischer Musik begleitet, ist auch Iconolatry ein kleines, künstlerisch wertvolles Stück Demokunst. Weitaus heftiger geht es bei der Invitation zur Simulaatio 5 von MFX ab, dass mit ultrahartem, aber zum Glück im späteren Verlauf melodischer werdendem Hardcore-Tekkno und einem Blitzlichtgewitter an Effekten als Sieger von der TUM'06 zurückkam. Hin und wieder ein bisschen kitschig sieht die Rebels-Invitation zur ASM2006 aus, doch die Idee, die ASM-Flyer-Grafiken von 1996-2006 in 3D zum Leben zu erwecken, ist einfach großartig. Den Abschluss bildet die Invitation for Chaos Constructions 2006, die einen netten .werkkzeug-Look bietet und schön abgroovt.


Best Demogroup:
1) Traction
2) Fairlight
3) Kewlers


Der eher nüchterne Look, den die meisten Produktionen von Traction aufweisen, mag nicht jedermanns Sache sein, doch sind ihre Werke immer wieder ein Musterbeispiel für die Kreativität der Demoszene, für deren ungewöhnlichen Ideenreichtum, Stilmittel und Innovationen. Mastermind Preacher versteht es immer wieder, aus oftmals einfachen Linien und Formen abstrakte Meisterwerke zu schaffen, deren Programmierung so manchen Mathematikprofessor überfordern dürfte. 2006 haben Traction so viel wie noch nie zuvor veröffentlicht  und jedes Werk ist für sich gesehen ein kleiner Geniestreich, eine spartanische, kreative Schönheit. Auch für die Altmeister von Fairlight war es ein herausragendes Jahr mit vielen Podestplätzen, was bei der abgelieferten Qualität auch nicht verwundert. Leider werden wir in nächster Zeit wohl auf 64k Intros im Stile eines Dead Ringer verzichten müssen, da Chef-Coder Smash den Source-Code für seine Intro-Engine verloren hat. Mit zwei herausragenden Werken, 1995 und Aesterozoa, haben uns auch die Kewlers beglückt  und haben zugleich ihren Rücktritt angekündigt. Zu wenig Beachtung finden angeblich ihre Werke. Und das stimmt uns traurig, denn die Finnen sind ein Synonym für perfekte Demokunst und wir wollen mehr davon sehen! Also bitte macht weiter!


Best Soundtrack:
1) 1995 / Kewlers & MFX
2) Starstruck / TBL
3) Dead Ringer / Fairlight


Es war ein unglaubliches Schauspiel, als wir die Gemeinschaftsproduktion der Kewlers und MFX zum ersten Mal in den heiligen Redaktionshallen der 4Players-/4Sceners-Redaktion vorführten. Da fing Paul an, vergnügt auf seinem Stuhl herumzuwippen, Mathias sprang gar auf und schwang das Tanzbein. Denn der Soundtrack aus 1995 ist schlichtweg und mit weitem Abstand das Beste, was wir in diesem Jahr zu hören bekamen. Was Little Bitchard hier abgeliefert hat, ist ein meisterhafter Soundtrack im Disko-Pop-Stil der frühen 90er, dessen Beat sofort in die Beine fährt und zum Mittanzen anregt. Zudem sind die coolsten Robot-Vocals seit Variform zu hören und der Slogan "Bring back the only demo art" wurde zum Leitspruch des Szenejahres 2006. Platz 2 sicherte sich Blaizer mit dem fulminanten Soundtrack für die Amiga-Demo Starstruck, der wie die Faust aufs Auge passt und den brillanten Szenen die perfekte Atmosphäre verleiht. Überraschenderweise gelangte die Musik aus einer 64k-Intro auf den dritten Platz. Reed verbindet in Dead Ringer auf unnachahmliche Art und Weise Elemente aus Groove, Funk und Synth-Pop, und zwar in einer klanglichen Qualität, die bislang unerreicht ist. Umso trauriger sind wir über die Tatsache, dass der legendäre Musiker in Zukunft der Szene den Rücken zukehren möchte. Bitte, lieber Reed, überleg dir diesen Schritt noch einmal. Wir brauchen deine Klangkunst auch weiterhin! Auf den Plätzen folgen: Animal Attraction / ASD (endlich grandiose Musik in einer ASD-Demo), Aesterozoa / Kewlers (perfekter Ambient-Sound) und Telos / Portal Process (brachiale Big Beats).


Best Effects:
1) Deities / MFX
2) Track One / Fairlight
3) Animal Attraction / ASD


Da klappten uns wirklich alle die Münder nach unten, als wir Deities zum ersten Mal sahen. Welch einen Augenschmaus bietet die Matrix der Demoszene! Ganz in der Tradition der Filme um Neo, Morpheus und Trinity gleiten Wächter-ähnliche Kreaturen durch eine bizarre Technikwelt und zelebrieren ein beeindruckendes Feuerwerk aus topaktuellen DirectX-Effekten. Bei Deities nur von einer Demo zu sprechen, grenzt fast schon an Beleidigung, so bildgewaltig ist dieses Epos. Die Altmeister von Fairlight hingegen waren Schuld, dass sich 4S-Chef Bobic einen neuen Rechner zulegen musste, solche Ruckelorgien veranstaltete ihr Track One auf seinem 2,66GHz Rechner. Erst mit mehr Power und RAM unter der Haube konnte auch er die Zoomroutinen und die beeindruckende Wachstums-Engine flüssig genießen. Bronze ging letztendlich an ASD, die mit Animal Attraction ein so unglaublich vielfältiges und abwechslunsgreiches Schauspiel zeigen, wie es sonst niemand in Szenekreisen vermag.


Best Graphics:
1) seZquash / Cosmic
2) SMD 2 / Helge
3) ZaOsmymZakretem / Caro


Diese Kategorie ist nicht der optisch schönsten Demo gewidmet, sondern vielmehr dem schönsten Bild, das bei einem der Grafikwettbewerbe der letztjährigen Demo-Parties eingereicht wurde. Bei der Wahl kommt wohl unsere Vorliebe für Monströsitäten zum Vorschein, denn die beiden erstplatzierten Werke sind nichts für Zartbesaitete. Cosmics seZquash zeigt eine furcheinflößende Fratze, die irgendwo zwischen H.R. Gigers Alien und einem Ork aus Der Herr der Ringe angesiedelt ist. Auch SMD 2 von Helge bringt erst auf den zweiten Blick die Lieblichkeit einer Fee und herumschwirrender Pusteblumen zu Tage, denn eigentlicher Blickfang ist ein Totenschädel. Da steht Caros Bild mit dem unaussprechbaren Namen im krassen Gegensatz, denn sein mittelalterliches Gässchen ist völlig unbewohnt und in schönstes Sonnenlicht getaucht.


Best Scene-Game:
1) Frets on Fire / Unreal Voodoo
2) Pinball Dreams C64 / Xenon
3) +|- / Jumalauta


Guitar Hero ist eine der spielerischen Sensationen auf PS2 und Xbox, da war es nur eine Frage der Zeit bis diverse Klons aus dem Boden sprießen. Ausgerechnet aus der Demoszene, für Windows und Linux, kommt der bislang beste Nachahmer. Bei Frets on Fire wird die Tastatur umgeschnallt und als Klampfe missbraucht, was nach etwas Übung auch gut von der Hand geht. Was für ein Spaß, was für eine witzige Idee! Und die Musik ist obendrein noch ein echtes Schmankerl! Da erblasste auch der alte Brotkasten vor Neid, der mit der C64-Version der grandiosen Flippersimulation Pinball Dreams noch einmal einen spielerischen Höhepunkt erlebte. Erfrischend kreativ zeigten sich auch Jumalauta, die mit ihrem +|- (plus or minus) ein spannendes, kniffliges und erfrischend anderes Geschicklichkeitsspielchen veröffentlichten, dessen Optik auf der Style-Welle von Geometry Wars mitschwimmt. Ebenfalls ein Heidenspaß für Frust-resistentes Publikum.


Seltsamste Demo:
1) Golem, arise / MFX
2) Die Ewigkeit schmerzt / Neuro
3) Fr-049 / Farbrausch
4) Happens. / Ümlaüt Design
5) Gootsteen / Limp Ninja


Ungewöhnliche Releases wurden viele gesichtet, doch wieder einmal waren MFX für das absonderlichste Werk verantwortlich. Ihr Golem, arise ist nicht ganz so Furcht einflößend wie The Ballet Dancer aus dem Vorjahr, aber mit seinen seltsamen Krabbeltierchen erneut einer dieser verstörenden Vertreter aus dem Gruselkabinett der Finnen. Ebenfalls an Wahnsinn grenzt eigentlich die Idee, eine Demo nur aus zoomenden und rotierenden Textbotschaften zu zimmern. Unsere Number-One-Demo Die Ewigkeit schmerzt hat genau dies zum Inhalt, und zelebriert diese Kunst mit einer solchen Inbrunst und perfekter Synchronisation, dass die Idee an sich zwar völlig verrückt bleibt, aber zugleich auch zu wahren Begeisterungsstürmen hinreißt. Auch Farbrausch haben dieses Jahr einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen, und zwar mit ihrer Invitation zur Breakpoint 2006. fr-049: of spirits taken ist ein Comicband! Mit hübschen, bunten Zeichnungen, aufgelockert durch einige Effekte, mit orchestraler Musikuntermalung und einer interessanten Geschichte versehen. Auch so etwas haben wir zuvor nicht gesehen. Extrem schlicht, mehr wie ein Kurzfilm auf grafisch dürftigem Niveau, sieht hingegen die drittplatzierte Demo der TUM'06 aus. Bei Happens. von Ümlaüt Design von einer Demo zu sprechen, grenzt eigentlich schon an Beleidigung. So mancher Partygänger soll das Gezeigte witzig gefunden haben, was die Platzierung erklären soll. Wir finden es schlicht und einfach seltsam. Zu seltsam! Und dann wäre da noch Gootsteen, das irgendwie mit diesen strangen Demos von MFX konkurrieren möchte, da es gar so bizarr aussieht und extrem seltsam klingt. Doch vor allem technisch fehlt dazu noch ein ganzes Stück zu den großen Vorbildern.


Nervigste Ladezeit:
1) Butterfly Effect / Smash Designs
2) Track One / Fairlight
3) Die Ewigkeit schmerzt / Neuro


Manchmal muss man geduldig sein, bis man sich an den tollen Effektshows erfreuen darf. Unser Sonderpreis für die längste Ladezeit geht an Smash Designs. Bis man die hübschen Szenen ihres Butterfly Effect bestaunen darf, kann man ruhig ein Tässchen Kaffee kochen - oder gar zwei. Ähnlich verhält es sich bei Track One, das auch starke Nerven beim Betrachten des Ladebalkens verlangt. Ganz ohne diesen Balken kommt hingegen unser Abräumer Nr. 1 in diesem Jahr aus. Neuros Die Ewigkeit schmerzt lässt unwissende Menschen gar an eine Fehlfunktion denken, denn keine Anzeige informiert über den Ladefortschritt, dabei werkelt das Programm beim ersten Start fleißig im Hintergrund, und zwar gleich ein paar Minuten lang. Ein paar Informationen hätten wir uns dabei schon gewünscht, denn so Mancher mag unsere Demo des Jahres noch nicht gesehen haben, weil er an Dienstverweigerung dachte!


Best Party:
1) Assembly 2006
2) Breakpoint 2006
3) The Gathering 2006


Wir möchten an dieser Stelle kein Event nach seiner grundlegenden Stimmung beurteilen. Auch nicht nach der Anzahl der Besucher. Vielmehr gab für uns die Qualität der eingereichten Demos den Ausschlag und genau hier lag die Assembly 2006 aus Finnland vorne. Mit weitem Abstand, denn was hier an hochklassigem Material gezeigt wurde, war ganz eindeutig das Highlight des gesamten Demo-Jahrgangs. Brillante Demos, allen voran Starstruck, 1995, Track One und Bombman, unglaubliche 64k-Meisterwerke (Aesterozoa, Dead Ringer, Chaos Theory) und feine 4k-Kost (Glitterati, Andromedary) sind Beweise dafür. Die Releases der Breakpoint waren in diesem Jahr nicht ganz auf dem hohen Niveau von 2005 und bei manchen Beiträgen konnte man die Platzierung nur schwer nachvollziehen. Immerhin hielten Deities und sts-02: Electric Kool-Aid die Fahne beim Demowettbewerb kräftig hoch, doch so richtig überzeugen konnte nur die 64k-Compo, die mit dem wunderschönen Memento und dem lustigen Meet the Family zwei herausragende Vertreter parat hatte. Auch die dritte Big Party im Bunde, die The Gathering in Norwegen, war in diesem Jahr mit starken Demos vertreten. Hier wurden Animal Attraction, Genesis und Treble and Bass veröffentlicht, die es alle durchaus in sich haben.



Beste Idee: Wenn sich der Chip-Hersteller Intel für die Demoszene engagiert und zugleich einen eigenen Demowettbewerb ausruft, ist das einen Extraapplaus wert. Um den neuen mobilen Intel Centrino Duo Prozessor ins rechte Licht zu rücken, holte man sich die fünf besten Demogruppen ins Boot und ließ sie 30-sekündige Demospots basteln. Die Resultate waren, trotz ihrer Kürze, beeindruckend. Beim Kampf der Demogruppen durfte schließlich die Öffentlichkeit mit abstimmen, die Fairlight mit ihrem Tactical Battle Loop zum Sieger kürten. Events in dieser Art würden wir gerne öfters sehen, denn dadurch wird der Demoszene mehr Aufmerksamkeit geschenkt, während ein renommierter Hersteller mit relativ wenig Aufwand die Werbetrommel rühren kann.



Trend 1 - Wachstums-Engine: Was bitte schön soll denn eine Wachstums-Engine sein? Na ein Gebilde, das wie eine Art Baum oder dessen Wurzeln heranwächst, und zwar im Zeitraffer. 2006 brach eine wahre Schwemme an Demos über uns herein, die diese Art von Effekt zeigten. In den unterschiedlichsten Formen versteht sich. Vor allem Fairlight taten sich hierbei hervor. Den Anfang machte zur Osterzeit ihr Meet the Family, wo es Dschungelpflanzen waren, die sich ihren Weg bahnten. In Glitterati waren es abstrakte Würfelpflanzen, Dead Ringer setzte auf rote Luftschlangen, Track One zeigte bizarre Verschnörkelungen, Scarecrow gekreuzte Stangen und Tactical Battle Loop gar ganze heranwachsende Räumlichkeiten. Andere Gruppen folgten diesem Beispiel. In Genesis sind es Blumengewächse, genauso wie in Riot of Flowers, während Robotergliedmaßen in Telos sprießen. Selbst Traction haben in ihrem letzten Werk Fascination auf diesen Effekt gesetzt. Das ist bei weitem noch nicht alles gewesen, doch ist es unmöglich alle Wachstums-Demos aufzuzählen.



Trend 2 - Music Disks: In den letzten Jahren waren sie immer seltener anzutreffen, die Programme, die meist auf optischen Glanz und Glamour verzichten, dafür aber die Ohren mit wundervollen Klangfolgen umschmeicheln. 2006 erlebten die Music Disks jedoch einen ungeheuren Boom. Überall sprossen sie hervor, sowohl effektreich und hübsch wie die Noisedisk, Three Dimensions oder reTracked #1, mit wunderschönen Artworks verziert (Awakening, Chillosophy), oder im schlichten Kleid eines Music-Players (Tristar Remixes Vol.1 und Vol. 2).



Größte Enttäuschung: Music Disks purzelten uns schneller und öfter als der Nikolaus ins Haus, doch wo bitteschön sind die Slideshows geblieben? Es gibt doch genug talentierte Grafiker in der Demoszene, die ihre Kunstobjekte auch in einem hübschen Artpack präsentieren könnten, als nur vereinzelt Bilder bei den diversen Grafik-Compos der Demo-Parties einzureichen. 2006 wurden gerade einmal eine Handvoll interessanter Slideshows veröffentlicht wie etwa No Time oder das Black Pack, wobei letzteres gar keine richtige Bilderschau ist, sondern mehr ein Sammelsurium an Musik mit ein paar Grafiken. Wo sind die Zeiten hin, als noch künstlerisch wertvolle Slideshows wie 5977, Wild, Sun oder LogoShow 2 veröffentlicht wurden?


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