124 - Immortal 3: Interview mit Jan Zottmann (.de)
Bobic, Tue 20 May 2008
Über die Audio-CD Immortal 3 zu sagen, sie wäre nur ein belangloser Sampler mit Musik aus dem Amiga-Spiele-Zeitalter wäre in etwa genauso Frevelei, wie Musiklegende Bob Dylan als amateurhaften Saitenzupfer abzustempeln. Denn völlig zu Recht zählt Immortal 3 bereits jetzt zu den "Must Haves" für alle Freunde gut gemachter Spielemusik. Aufwändig arrangierte Neufassungen von beliebten Melodien bekannter Spiele sind auf den beiden CDs zu finden, die von den Originalmusikern höchstpersönlich eingespielt wurden. Nach unserem Review zu Immortal 3 präsentieren wir euch nun ein Interview mit dem Produzenten Jan Zottmann.4Sceners: Kannst du dich unseren Lesern kurz vorstellen?Jan Zottmann: Gerne. Mein Name ist Jan Zottmann, ich zähle mittlerweile biblische 29 Lenze und seit nunmehr 6 davon verwende ich meine gesammelte Freizeit auf die Produktion von Tonträgern mit Soundtracks aus allerlei betagten Computerspielen. Klingt verrückt, ist aber so.
Immortal-Produzent Jan Zottmann (Mitte) eingerahmt von Thomas Böcker
(Merregnon Studios, Links) und Musiker Olof Gustafsson (aka Blaizer/TBL).
4Sceners: Wie bist du eigentlich zur Musik gekommen? Und speziell zur Spielmusik?Jan Zottmann: Eigentlich habe ich mich für Musik interessiert, solange ich denken kann, insbesondere für elektronische Musik - da war der Schritt zur Spielemusik gar nicht so groß. Das erste Mal habe ich den Soundtrack zu einem Computerspiel bei "Last Ninja" auf dem C64 bewusst wahrgenommen, später habe ich mir diese Sounds sogar per Mikro auf Kassette aufgenommen. Tja, und als irgendwann ein Amiga angeschafft wurde, ging es erst richtig los: insbesondere die Kompositionen von Chris Hülsbeck haben mich damals voll in ihren Bann gezogen; sein Album "Shades" war dann konsequenterweise auch meine erste CD mit Spielemusik. 1991 hätte ich aber natürlich nicht im Traum daran gedacht, dass ich ein Jahrzehnt später mit Chris an irgendwelchen CDs werkeln würde...
4Sceners: Was hebt Immortal 3 von anderen, ähnlichen Samplern ab?Jan Zottmann: Das besondere an den "Immortal" CDs ist, dass wir uns bemüht haben, wann immer es nur ging mit den Originalkomponisten zusammenzuarbeiten; da macht Teil 3 keine Ausnahme. Es gibt mittlerweile auch eine ganze Menge Webseiten im Internet, auf denen Remixer ihre Interpretationen diverser Themen aus Computerspielen darbieten - einige davon sind wirklich sehr ordentlich gemacht. Mich interessiert aber mehr, was die Musiker von einst aus ihren Titeln machen, wenn sie diese für CD neu interpretieren. Das macht das ganze Projekt aus meiner Sicht so einzigartig und reizvoll.
4Sceners: Was gab den Anstoß, Musik aus so vielen unterschiedlichen Amiga-Spielen auf Immortal 3 unterzubringen?Jan Zottmann: Man könnte sagen, dass das Album im Laufe der Produktionszeit gewachsen ist. Es war ja eigentlich nicht als Doppel-CD angelegt; ich wollte aber schon ein paar "neue Gesichter" mit an Bord haben, also Musiker, deren Werke bislang noch nicht auf CD zu hören waren. Irgendwann war das Team dann plötzlich zu groß für eine einzelne Schillerscheibe, deswegen musste eine zweite her. Bei der Auswahl der Titel war ich auch etwas experimenteller als bei Volume 2 - an Spiele wie "Cardiaxx" oder "Theatre of Death" werden sich wohl die wenigsten Zocker erinnern, doch die dazugehörigen Tracks sind aus meiner Sicht großartig gelungen.
Die Soundtrack-CD Immortal 3 beinhaltet insgesamt 35 neu
arrangierte Musikstücke aus Amiga-Spielen. 4Sceners: Welche Herausforderungen ergaben sich während der Produktionsphase von Immortal 3?Jan Zottmann: In vielerlei Hinsicht ging es bei der Arbeit an Teil 3 lockerer zur Sache, was einfach damit zu tun hatte, dass ich nicht so genaue Vorstellungen davon hatte, wie das fertige Album aussehen sollte. Ich schätze, die größte Herausforderung war letztlich die Koordination der gesamten Truppe gegen Produktionsende. Insgesamt waren ja über 50 Künstler in irgendeiner Form an den CDs beteiligt, da sitzt man dann zwei Stunden an einer einfachen Rundmail. Das ist extrem kräftezehrend und manchmal fand ich es wirklich schwer, mich für den nächsten Anlauf zu motivieren, wenn wieder mal eine interne Deadline gerissen wurde.
4Sceners: Wie schwer war es, die Original Komponisten ausfindig zu machen und sie zur Mitarbeit zu bewegen?Jan Zottmann: Praktisch alle Musiker, die auf "Immortal 2" zu hören waren, wollten auch bei Teil 3 wieder mitmischen, was mich natürlich sehr gefreut hat. Darüber hinaus hatte ich aber den Anspruch, noch mehr Künstler ausfindig zu machen und für mein neuestes Unterfangen zu begeistern. Dazu waren natürlich ausgiebige Internet-Recherchen nötig; wenn ich jemanden ausfindig gemacht hatte, war es meist auch nicht allzu schwierig, ihn für das Projekt zu gewinnen: viele der Jungs erinnern sich nämlich unheimlich gerne an alte Amiga-Zeiten; dass man bereits zwei gelungene CDs vorweisen konnte, war sicherlich auch von Vorteil.
4Sceners: Hatten die Komponisten für die neuen Versionen freie Hand oder gab es konkrete Vorgaben?Jan Zottmann: Es ist zentraler Bestandteil des Konzepts hinter "Immortal", dass die Komponisten ihre Stücke so arrangieren können, wie sie es gerne möchten. Meine Rolle als Produzent bestand letztlich weniger darin, den Musikern vorzuschreiben, wie die Sachen am Ende klingen sollen, sondern mehr auf die Qualität der einzelnen Beiträge zu achten. Einige Titel haben sich im Laufe der Produktion auch kräftig verändert: "Agony" sollte beispielsweise zunächst mit flotten Beats unterlegt werden, bevor Tim sich doch für eine atmosphärische Fassung im Stile des Originals entschied... sehr zu meiner Freude, wie ich gestehen muss.
4Sceners: Was machen eigentlich Leute wie Jim Cuomo, Darius Zendeh oder Jochen Hippel heutzutage? Seit Ewigkeiten hat man in der Spielebranche nichts mehr von ihnen gehört.Jan Zottmann: Jim war und ist hauptberuflich Jazz-Musiker und lebt derzeit in Paris, wo er regelmäßig in Clubs auftritt. Soweit ich weiß, bringt er demnächst auch ein neues Album heraus. Darius ist als Mitarbeiter in einem Servicezentrum für Medizin-Informatik tätig und Jochen hat ebenfalls einen bürgerlichen Beruf ergriffen.
Bereits in jungen Jahren zeigte Jan Zottmann sein musikalisches Gespür. 4Sceners: Was war für dich der schönste Moment während der Arbeiten an Immortal 3?Jan Zottmann: Kurz nach dem offiziellen Veröffentlichungstermin des Albums im Juni kam Chris Hülsbeck für ein paar Tage nach Deutschland und wir haben uns in seiner Heimatstadt Langen getroffen. Er hatte sich für seinen Besuch ein Cabrio gemietet und wir sind dann zu den Klängen von "Secret Dungeons" über die Autobahn gebraust - das war für mich aus verschiedenen Gründen ein ganz besonderer Moment; zum einen, weil Chris wirklich enorm viel zum Gelingen dieser Produktion beigetragen hat. Zum anderen, weil er nach wie vor einer meiner musikalischen Helden ist.
4Sceners: Wann erscheint Immortal 4?Jan Zottmann: Hehe, auf die Frage hab ich schon gewartet! "Immortal 3" ist ja gerade mal seit 3 Monaten im Handel, insofern werde ich erst einmal abwarten, wie sich das Album so schlägt. Meiner Ansicht nach wird es zunehmend schwieriger, solche Nischenprodukte an den Mann (oder an die Frau) zu bringen. Ein vierter Teil ist prinzipiell denkbar, wenn sich Teil 3 so gut verkauft, dass die Produktionskosten wieder hereinkommen... wer sicherstellen möchte, dass es dazu kommt, sollte also schleunigst damit beginnen, Familie und Freunde mit Exemplaren auszustatten.
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