103 - Interview mit Thomas "fiver2" Mahlke (.de)

Bobic, Tue 24 Jun 2008

Auch und gerade in Deutschland ist die Demoszene weit verbreitet - Gruppen wie Farbrausch (PC) oder Artwork (Amiga) setzen international Maßstäbe. Logisch also, dass unser aktueller Interviewpartner die deutsche Sprache spicht: Thomas »fiver2« Mahlke.


Unser zweiter Interviewpartner ist Thomas Mahlke: 29 Jahre jung, kommt aus Hamburg und arbeitet »normalerweise« als Creative Director beim Spieleentwickler 49Games (RTL Skispringen 2005). Sein zweiter Name ist allerdings noch bekannter: Als »fiver2« schwingt er schon seit Jahren den Pinsel für die erfolgreiche Demogruppe »Farbrausch«, die u.a. mit den Demos »the product« oder »the popular demo«, dem 96 KiloByte-Shooter »kkrieger« sowie dem Demotool »werkkzeug« Furore machten und machen.

4Sceners: Wie kamst du zur Demoszene?

Thomas Mahlke: Angefangen hat bei mir alles mit einer Projektwoche in der Schule. Thema »Demos mit dem Amiga«. Ich habe dafür ein paar Logos mit Deluxe Paint gepixelt und nicht mehr aufgehört.

4Sceners: Inwiefern hat sich deiner Meinung nach die Demoszene über die Jahre hinweg verändert?

Thomas Mahlke: Eine der für mich wichtigsten Veränderungen ist das Verschwinden des »One Platform«-Prinzips. Früher gab es für mich den Amiga 500. Und später den 1200. Und jeder andere mit diesem Rechner hatte wirklich genau diesen Rechner. Demos waren vergleichbar. Mit heutigen PCs mit unterschiedlichsten CPUs und Grafikkarten ist es im Grunde überhaupt nicht mehr möglich »das Letzte« aus einer Plattform herauszuholen. Dadurch ist für mich eine Menge Feeling verloren gegangen. Eine Entwicklung die mir gefällt ist, dass viele Demos heute mehr als nur reine Technik-Show-Offs sind. Sie sind bessere Unterhaltung, wenn man so will »massenkompatibler« bis hin zu »Pop« geworden. Guter Pop ist gut.

4Sceners: Was ist deiner Meinung nach wichtiger in einer Demo: spektakuläre technische Tricks oder gutes Design, basierend auf soliden technischen Spielereien?

Thomas Mahlke: Was »wichtiger« ist kann man natürlich nicht einfach beantworten. Ich selbst versuche die Technik so einzusetzen, dass man sie so wenig wie möglich sieht. Ich mag es, wenn eine Demo funktioniert, ohne dass man die Technik versteht. Wenn dann die technisch Interessierten die Demo sehen und sich fragen »Okay, und wie verdammt nochmal haben die das eigentlich gemacht?«, dann habe ich mit einer Demo alles erreicht.

4Sceners: Was ist deine Lieblingsdemo? Und wieso?

Thomas Mahlke: Eine einzige zu nennen ist unmöglich. Aber zu meinen All time favourites gehören z.B. State of the Art, Friday at eight, Desert Dream, Nexus 7 (alle Amiga), Gerbera, Yellow Rose of Texas und 00101010. Ich liebe gutes Synching, die Verbindung von Bildern und Sound. Ich glaube, das haben sie alle gemeinsam.

4Sceners: Was macht für dich »echten« Scene-Spirit aus?

Thomas Mahlke: Ich mag es, wenn Menschen sich für Dinge (was genau auch immer) interessieren. Das Interesse alleine wäre für mich schon »echter« Spirit. Wenn man dann noch versucht, selbst etwas zu erschaffen, das eigene Ideen umsetzt, einfach aus dem Antrieb heraus, dass man selbst das Ergebnis sehen möchte, dann kommt das meiner Idealvorstellung von »Spirit« schon sehr nahe.

4Sceners: Gibt es jemanden in der Szene, den du bewunderst - und wenn ja, wofür?

Thomas Mahlke: Von den Menschen mit denen ich noch nicht zusammen gearbeitet habe (hust) sind es wohl Ra und Memon (und vielleicht noch Little Bitchard). Sie alle haben etwas geschaffen, einen Stil, Ideen, ein Feeling, das wirklich eigenständig und außergewöhnlich ist. Etwas, das es ohne sie nicht so oder vielleicht gar nicht gegeben hätte.

4Sceners: Was war der bisher schönste Augenblick in deiner Demo-Karriere? Und natürlich auch: was war der schlimmste?

Thomas Mahlke: Es gab zwei herausragende Momente in meiner »Karriere«: Die Publikumsreaktionen nach »the product« und nach »the popular demo«. Vor der fr-08 Competition auf the party waren wir (vor allem Chaos und ich) so derartig aufgeregt. Wir hatten so hart gearbeitet und dann kam der Moment in dem sich herausstellte, ob unser Produkt wirklich so funktionieren würde, wie wir gehofft hatten. Und dann kam diese Competition und noch während die Demo lief war uns klar - ja, die Arbeit hat sich gelohnt. Und alles was danach kam - der Applaus, die Reaktionen, ungläubige Gesichter, gigantische Downloads, Fanpost (!) - absolut unvergesslich. Und später dann »the popular demo« auf der Breakpoint - das war wohl die heftigste Publikumsreaktion, die ich je erlebt habe. Ein Rausch.

Und der schlimmste Moment? Es gab eine Situation vor einigen Jahren als Azure und ich auf »the party« noch bis zur letzten Sekunde versucht haben, eine Demo (Exit Planet Dust) fertig zu machen. Wir waren am Ende völlig übermüdet, haben uns wie bescheuert angeschrien und am Ende die Demo natürlich nicht fertig gehabt. Keine Demo und keine Party ist so was wert. Seit dieser Erfahrung gehe ich das Thema Deadlines definitiv gelassener an.

4Sceners: Die Demoszene ist trotz ihres beachtlichen Alters immer noch als »Freakkiste« verschrien. Was glaubst du - woran könnte das liegen?

Thomas Mahlke: Ein bisschen »Underground« wird die Demoszene wohl immer bleiben. Für die ganz breite Masse ist das Thema doch einfach zu technisch. Aber ich glaube, zumindest ein Teil der Szene löst sich gerade ein wenig von der reinen Freak-Geschichte und immer mehr »normale« Menschen interessieren sich für Demos.

4Sceners: Was macht dir mehr Spaß: Demo- oder Game-Making?

Thomas Mahlke: Demomaking.

4Sceners: Inwiefern hat dir deine Demo-Erfahrung geholfen, in der Spielebranche Fuß zu fassen?

Thomas Mahlke: Ganz einfach: Ohne Demos keine Games. Ich habe mich für Spiele nie besonders interessiert. Eigentlich bis heute nicht. Aber über die Demoszene habe ich Chaos und Mr. Pet kennen gelernt, und als die irgendwann vorgeschlagen haben, eine Spielefirma zu starten war ich dabei. Ohne die Erfahrung beim Demo machen hätte ich im Games Business sicher keine Chance gehabt. Und viele Ideen kann man im Job nicht so direkt umsetzen. Man muss sich dem Massengeschmack, Deadlines und kommerziellen Interessen unterordnen. In der Demoszene kann man vieles ausprobieren ohne diesen Druck. Und das kommt dann wieder dem Job zugute.

4Sceners: Ihr habt mit der Demo für »Afri-Cola« eine neue Form von Produktwerbung versucht. Wie waren die Reaktionen darauf und sind weitere Projekte in dieser Richtung geplant?

Thomas Mahlke: Demoszene und Kommerz - da waren die Reaktionen auf das Afri-Demo erwartungsgemäß zwiespältig. Für viele Scener ist halt immer noch jede Form von Kommerz strengstens verboten. Aber für mich war es eines der besten kommerziellen Projekte, an denen ich je gearbeitet habe und ich würde es jederzeit wieder machen. Geplant ist im Moment aber noch nichts.

4Sceners: Mithilfe eures werkkzeug-Tools wurde kürzlich ein Teaser zum Action-Spiel »Project Snowblind« von Eidos erstellt. Wie steht ihr solchen Aktionen gegenüber?

Thomas Mahlke: Den Teaser hat vor allem giZMo gemacht. Die Zusammenarbeit mit Eidos Deutschland war super, giZMo hatte Spaß bei der Arbeit und bezahlt werden fürs Demomachen? Perfekt. Ich hoffe, es wird in Zukunft noch mehr solcher Aktionen geben. Man muss das Ganze aber halt schon von der Demoszene trennen. Bezahlte Auftragsarbeiten sind nun mal keine Hobbyprojekte.

4Sceners: Wann dürfen wir die finale Version von kkrieger erwarten?

Thomas Mahlke: »When it's done«


Thomas Mahlke (mit Dierk »Chaos« Ohlerich): »kkrieger? When it's done!«


(31.05.2005, famou$)


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