184 - Music for free: Aktuelle Anspieltipps aus der Demoszene (.de)

Bobic, Sat 24 Oct 2009

In den letzten Wochen sah die Demoszene viele interessante Musikveröffentlichungen. Sowohl auf Demo-Parties, als auch auf einigen Musiker-Homepages wurde erfrischendes Material gesichtet. So manche Perle konnte man auch bei einem der zahlreichen Netlabels ausmachen. Wir möchten einen kurzen Überblick über interessante Anspiel- und Download-Tipps geben, die zwar überwiegend elektronischer Natur sind, die aber dennoch abwechslungsreich genug sind um die verschiedensten Musikgeschmäcker zu befrieden. Alle hier näher vorgestellte Alben und Songs stehen jedenfalls unter einem gemeinsamen Motto: Kostenlos im Netz veröffentlichte Musik kann durchaus ein großartiges Hörerlebnis bieten. Lautsprecher an!

Mosaik - Leandi
Jakob Svanholm, den man in der Demoszene wohl eher unter dem Namen Radix kennt, ist unbestritten einer der großartigsten Musiker, die je in eben jener Gemeinschaft aktiv waren. Mit seinen wundervollen Melodien hat er aus relativ einfach gestrickten Demos wahre Meisterwerke gemacht (Fall equals winter von Replay); hat Grafik-Bombast auch mal aggressiv, aber dennoch eindringlich vertont (Lapsus von Mature Furk); oder solch stimmungsvolle Melodien zu elektrisierenden Visuals gezaubert, dass man allgemein von einem der besten Soundtracks spricht, die je für eine Demo geschaffen wurden (Tesla von Sunflower). Nun meldet sich der Klangkünstler aus Schweden mit einem neuen Album zurück, das er unter dem Namen Mosaik veröffentlicht hat, seinem Pseudonym für seine Musik außerhalb der Demoszene. Der Titel des kostenlos downloadbaren Albums: Leandi.

Leandi enthält insgesamt fünf Tracks mit einer Gesamtspielzeit von etwas über 25 Minuten. 25 Minuten, die gefüllt sind mit herrlichen Melodien. Die so unbeschwert und leicht klingen, den Zuhörer in fernen Sphären schweben lassen, voller Glückseligkeit sind und deren Zauber man sich nur schwer entziehen kann. Das, was Jakob in Leandi gepackt hat, ist genau das was man von ihm erwartet hatte: eine konsequente Weiterentwicklung seines typischen Ambient-Stils, den er schon in Demos wie Tesla zelebriert hat. Einfach wunderschön!

Blamstrain - Exosphere / Galaxy Spots / Lowblow
Blamstrain, der finnische Musiker der seit Jahren in der Netlabel-Szene für Aufsehen sorgt und kürzlich die Musik zur MFX-Demo Kyklop beisteuerte, hat seine Website überarbeitet und bietet seine drei Alben Exosphere, Galaxy Spots und Lowblow nun zu einem Preis an, den jeder selbst bestimmen darf. Bevor man einen Download-Link zugeschickt bekommt, kann ein jeder selbst festlegen wie viel ihm der Download wert ist. Das kann von 0,00 Euro, also kostenlos, bis in hohe finanzielle Dimensionen reichen. Ein durchaus interessantes Konzept, das sich hoffentlich für beide Seiten lohnt.

Was erwartet einen bei der Musik von Blamstrain? Viel experimentelles Elektronik-Zeugs, aber auch mal ruhige Sphärenklänge die nur so vor Atmosphäre strotzen. Doch schreckt Juho Hietala, wie Blamstrain richtig heißt, auch vor tanzbaren, dumpfen Rhythmen nicht zurück, wie sie des Öfteren in den Dance-Clubs zu hören sind. Atmosphäre vs. Beats - ein Konzept das dieser Musiker perfekt beherrscht.

Loaderror vs. Tags - Live at Supa Club Trondheim
Die Geschichte von Loaderror ist die eines hochtalentierten Programmierers, der im Laufe der Zeit ein begnadeter Klangkünstler im Bereich der elektronischen Musik geworden ist. Spektakuläre Amiga-Demos hat uns der Norweger mit seiner Demogruppe Ephidrena über viele Jahre hinweg beschert (u.a. Lux Aetherna Lucia Eis, Respirator Stories, Fake Electronik Lightshow), hat mit seinem Stil eine ganze Generation Demomaker inspiriert. Später wandelte er dann auf kleineren Pfaden, veröffentlichte mit 4k Intros wie Rapo Diablo oder im letzten Jahr Psylteflesk ebenfalls richtig feine Kost. Genau auf diese kleinen Dinger hat er sich inzwischen spezialisiert und erschafft für seine Intros Musik auf kleinstem Raum. So begrenzt der Speicherplatz auch ist, so wenige Bytes ihm auch zur Verfügung stehen, Loaderror schafft es immer wieder aufs Neue heftige, aber dennoch melodische Sounds zu einem kleinen Musikmeisterwerk zusammenzufügen. Da wummert es, da röhrt es, da winden sich tolle Melodien in den Gehörgang und bezaubern zusätzlich mit guter Klangqualität.

Nun hatte Loaderror im Januar 2009 die Gelegenheit seine Musik im Supa Club in Trondheim live zu präsentieren. Mit ins Boot hat er sich seinen Kumpel Tags geholt, der ihm bei der Umsetzung geholfen und noch dazu ein paar eigene Stücke mit hinzugemischt hat. Das Ergebnis ist ein duftes Big-Beat-Festival, das nicht nur die Besucher des Clubs an diesem Abend zum Kochen brachte, sondern auch als Live-Mitschnitt vollends zu überzeugen weiß. Ein echter Ohrenschmaus - nicht nur für Kenner der Werke von Ephidrena!

Paniq - From Zero to Hero
Elektronische Musik hat viele Gesichter. Wie abwechslungsreich, trickreich, verrückt aber dennoch melodisch sie sein kann, hat Leonard Ritter, aka Paniq, im letzten Jahr in seiner Demo Masagin bewiesen. Verschiedene Stile die wunderbar miteinander harmonieren und dem Zuhörer auf lebendige, stimmungsvolle Klangreise schickten, prägten das Stück. Nun legt Paniq nach. Sein neues Musikalbum From Zero To Hero folgt den Pfaden, die er mit Masagin beschritten hat. Die 16 darauf enthaltenen Tracks orientieren sich mal an experimentellen Sounds, dann wieder an Spielesoundtracks. Sie weisen hübsche Melodien auf, werden auch mal härter, piepsiger oder überraschen - so wie der Song Loveloan, in dem plötzlich Elemente eines Tangos zu hören sind.

Mit From Zero To Hero will Paniq die Piratenpartei Deutschland unterstützen. Veröffentlicht wird das Album völlig kostenlos unter der Creative Commons Lizenz. Das Download-Paket enthält alle Stücke sowohl im MP3, als auch FLAC-Format. Ein stylisches Cover-Artwork wird mitgeliefert.

C-Jeff - Electric
Frisch beim Netlabel Pause ist mit Electric ein 3-Track-Album des russischen Musiker C-Jeff erschienen. Dieser mixt typischen Chiptune-Sound, der überwiegend aus NES- und C64-Klängen zu bestehen scheint, mit rockigen Gitarrenklängen, gespielt von niemand geringerem als Romeo Knight! Die Gradwanderung zwischen Piepstönen und Gitarren-Riffs gelingt bei den drei langen Stücken, da sie harmonisch ihre Melodien transportieren, ohne sich an irgendeiner Stelle ineinander zu verzetteln. Ein spannendes Paarungsritual "zweier" eigentlich nicht füreinander geschaffenen Instrumente, sowohl für Freunde der Micromusic, als auch der jaulenden Saitenzunft.

Willbe - Demovibes 9
Kurz bevor die MAIN Demo-Party in Frankreich im Oktober 2009 ihre Pforten öffnete, brachte William "Willbe" Lamy den neunten Teil seiner Demovibes-Reihe unter die Leute. Die beliebte Audio CD-Reihe enthält schon seit der ersten Ausgabe die besten Soundtracks aus der Demoszene, die Willbe in meisterhafter Art und Weise zu einem Megamix verschmelzen lässt. Das gipfelt auch beim neuesten Release in ein spektakuläres Klangerlebnis. So lässt der Soundtüftler beispielsweise die Tracks aus der C64-Demo Edge of Disgrace und dem PC-Meisterwerk Stargazer miteinander verschmelzen und führt den Zuhörer damit in gänzlich neue, umwerfende Sounddimensionen. Doch auch die anderen der insgesamt 23 Tracks zählen zur Creme de lá Creme an Demo-Soundtracks aus den letzten beiden Jahren. Egal ob die Musik aus Frameranger, dem coolen Field Trip, Midnight Run oder Falling Down, für jeden Musikgeschmack ist etwas dabei. Mal geht's brachial zur Sache (Breakpoint 2009 Invitation), mal etwas ruhiger (Dollop). Eines ist jedoch überall gleich, nämlich die raffinierten Übergänge, die aus 23 einzelnen Tracks eine wunderschöne Soundtrack-Oper mit einer Gesamtspielzeit von knapp 80 Minuten machen.

Buenzli 18 - Streamed Music Competition
Gut, das Schweizer Demoszenetreffen Buenzli war in diesem Jahr hinsichtlich des Demo- und Intro-Austoßes eine Enttäuschung. Qualitativ deutlich hochwertiger zeigte sich jedoch die dortige Streamed Music Competition. Gleich mehrere hochkarätige Stücke wurden dort gespielt, wobei wir uns fünf der insgesamt 13 Beiträge herausgepickt haben. Lederhosen, so heißt das Stück, das den Musikwettbewerb der Buenzli 18 gewonnen hat. Wiseman bietet hier eine große Portion Fun-Dance, also Musik, die in angetrunkenem Zustand durchaus gute Laune verbreitet, nüchtern betrachtet aber nichts Besonderes ist. Viel besser ist da Feel no moments von Malik Trey, das der Gattung des orchestralen Soundtracks zuzuordnen ist, wobei zwischenzeitlich auch Synth-Sounds im Stile von Blade Runner für Stimmung sorgen. James Tonics Vibes from Planet 314 entfachen perfektes Demo-Feeling, mit ihren jaulenden elektronischen Samples und passenden Beats - ganz so wie es beispielsweise Ende des letzten Jahrtausends die Demoszene in vielen Werken hat hören lassen. Ein bisschen Robert Miles, ein bisschen Chiptune und eine entspannende Melodie mit ein paar Sprachsamples, so setzt sich Anthem to beauty von Skyrunner zusammen. Ein Stück das in der Endabrechnung auf den 6. Platz des Wettbewerbs gewählt wurde. Nicht minder melodisch und chillig präsentiert sich der Track Emotion, der vom polnischen Altmeister Traymuss stammt. Zum Schluss wartet mit der Kommerzialisierung der Chipmusik noch ein Oldskool-Synth-Tune auf den Zuhörer. Acidline mischt hier 80er Jahre Sounds mit ein bisschen Dance. Herrlich altmodisch!

(Bobic, 25.10.2009)




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