295 - Tokyo Demo Fest 2016: Scene Fighter VI vs. Episode VII (.de)

Bobic, Sun 06 Mar 2016

Tokyo Demo Fest 2016: Scene Fighter VI vs. Episode VII

2016 fand das Tokyo Demo Fest bereits zum sechsten Mal statt. Wie immer kämpften die Scene-Fighter Nippons um die begehrte Krone der besten und schönsten Echtzeiteffekte, zerbröselten dabei in bester Han-Solo-Tradition einen 2nd Stage Boss zu Schall und Rauch, ließen sogar klobige Roboter die Androiden-Welt erkunden und brachten eine virtuelle Konsole zum Pixel-Orgasmus. Ihr versteht nur Bahnhof? Macht doch nichts! Erfreut euch lieber an den besten Szeneproduktionen "Made in Japan", die oftmals den Beweis antreten, dass andere Kulturen auch andere Geschmäcker haben.



2nd Stage Boss / 0x4015 (4k Intro, Windows, 1st at Tokyo Demo Fest 2016)
Staub wirbelt auf. Das Raumschiff rast über sandige Dünen als sich plötzlich die Erde öffnet. Es flitzt hinein in einen dieser alles aufsaugen wollenden Schlunde und findet sich in einem zerklüfteten Tunnelsystem wieder. Lasergeschütze heulen auf, dann schicken gleißende Lichtstrahlen ihre zerstörerische Wucht dem flinken Schiff entgegen. Es ist eine riesige, Todesstern-ähnliche Kugel, welche sich dort drinnen, im Erdinneren, aufhält und Jagd auf den wendigen Gleiter macht. Die Situation scheint ausweglos. Doch noch hat der unbekannte Pilot ein Ass im Ärmel. Er lädt die alles vernichtende Superwaffe auf und zerbröselt das monströse Ungetüm. Zurück bleiben Schall und Rauch und die Erkenntnis, dass der neue Star Wars Film wohl bei dem ein oder anderen Demoszener einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. 2nd Stage Boss von 0x4015 erinnert an Reys ersten Flug mit dem legendären Millenium Falcon, als dieser von TIE-Jägern gehetzt durch die engen Gänge des Wracks eines Sternenzerstörers braust. Mit ausgeklügelten Kameraperspektiven und rasanen Schnitten gelingt es dem japanischen Sensations-Coder, eine dichte Atmosphäre zu generieren, die nicht mit optischem Bombast spart. Und all das, worüber wir gerade geschrieben haben, hat gerade einmal eine Größe von ganzen vier Kilobyte! Darin stecken leckere Effekte, tolle Optik, dramatische Musik und ganz viel Liebe zu Science-Fiction-Filmen. Die Chancen stehen für 0x4015 mit diesem brachialen Werk auf jeden Fall gut, dass er seinen Titel für die beste 4k-Intro des Jahres 2015 (mit Optical Circuit) verteidigen kann.


Orbys / POD (Demo für PICO-8, 2nd at Tokyo Demo Fest 2016)
Pixel-Power-Retro-Wahnsinn gefällig? Dann ladet euch diese Demo für die virtuelle Konsole PICO-8 - dank passendem Emulator im Archiv natürlich auch unter Windows lauffähig. Von PICO-8 Designer Lexaloffle persönlich stammt dieses wunderschöne Stück Oldskool-Demokunst, das mit prächtigen Grafiken, schön bunten Effekten wie Plasma oder Tunnel aufwartet, und noch dazu perfekte Übergänge und einen richtig guten Chiptune-Soundtrack bietet. So gut!



We Robots / Andromeda Software Development (Demo, Windows, 4th at Tokyo Demo Fest 2016)
Die dunkle Seite von ASD steckt in diesem Werk. So schön es auch ist, den elitären Namen dieser Gruppe auf einer japanischen Demo-Party zu lesen, so enttäuschend sitzt man letztendlich vor dem Computerbildschirm. Dieses wirre We Robots, das einzig und allein aus Glitch und Kitsch besteht, mit einem nevertötenden Stampf-Soundtrack unsere Ohren malträtiert und hoffentlich, wie schon öfters bei den Griechen gesehen, nur der missratene Vorbote auf die nächste wirklich große ASD-Demo ist, strengt an. Wirklich! Vor allem, wenn die Windows-Version gestartet wird. Von daher solltet ihr We Robots auf eurem Android-Gerät laufen lassen. Genau dafür wurde es nämlich gemacht. Auf dem kleineren Bildschirm und aufgrund des schärferen Kontrasts kommt tatsächlich mehr Stimmung rüber. Ein gutgemeinter Ratschlag, den ihr euch auf jeden Fall zu Herzen nehmen solltet. Ausflippen werdet ihr aber auch mobil nicht. Wir warten lieber auf den nächsten richtigen Kracher von Navis und aMusic.


Broken Mantra / Mr. Doob (Demo, JavaScript, 5th at Tokyo Demo Fest 2016)
Es ist wie ein kleines bisschen Horrorshow, was uns Mr. Doob in seinem Broken Mantra in den Browser projiziert. Mit seiner unheilschwangeren Atmosphäre, erzeugt durch eine bedrohlich klingende Soundkulisse, und den zahlreichen herumzappelnden Dot-Würmern, wechselt der Gemütszustand permanent zwischen Faszination und Verwirrtheit. Faszinierend, weil das Züngeln auf Planetenoberflächen mit Lava-Inspiration oftmals elektrisiert. Verwirrend, da hier eigentlich nur ein Effekt gezeigt wird, der oftmals ein wenig nackt wirkt und das Gesamtkonzept nur experimentell veranlagte Gemüter ansprechen dürfte.



Intermission / Gaspode (Demo, Windows, 6th at Tokyo Demo Fest 2016)
Sieh an, nun darf sich Wild-Demo-Spezialist Gaspode an STILLs mächtigem Demo-Baukasten toll2 versuchen. Herausgekommen ist dabei ein geometrisch geprägter Objekttanz, der ganz hervorragend choreografiert ist und sich perfekt den Gegebenheiten des atmosphärischen Elektronikklangs anpasst. Recht- und Dreiecke sind es, die in Intermission wirklich unterhaltsam wirbeln und transformen. Das ist so klassisch und eigentlich auch nüchtern, wie die minimalistische Farbwahl an sich. In Bewegung wirkt das allerdings fast schon berauschend und bereichert nicht nur unser Leben, sondern auch die abwechslungsreiche Vita des Erstellers.



Instanssi 2016 Invitation / Ivory Labs (Demo, 8th at Tokyo Demo Fest 2016)
Der Name Branch steht für großartige Farbwahl und oftmals pfiffige Effekte. Mit der kleinen, aber feinen Invitation-Demo für den Szenetreff Instanssi 2016 bringt er diese Fähigkeiten wieder auf den Punkt. Ungewöhnliche, aber perfekt getroffene Farbwahl, ein paar fesche Effekte und fertig sind 94 Sekunden großartige Unterhaltung.

A Study on Photochemical Smog in Modern Urban Environments / Limp Ninja (4k Intro, JavaScript, 9th at Tokyo Demo Fest 2016)
Nein, den Namen dieser WebGL-Intro werden wir nicht im Gedächtnis behalten können. Aber Limp Ninja sind ja bekannt für solche Spirenzchen. Genau wie für einige coole Produktionen, zu denen sich auch dieses einreihen wird. Wolkenkratzer im Nebel, darum geht's hier. Aus unterschiedlichen Perspektiven werden diese gezeigt, ein bisschen verdreht und durch ein Fischauge gewölbt. Das sieht stylisch aus, ruckelt in der nur vier Kilobyte großen Musterdatei wie Sau, läuft dafür mit der aufgepumpten 21kb-EXE deutlich angenehmer. Klassische Demokost, gut für Auge und Ohr aufbereitet und definitiv eine Bereicherung für den installierten Browser.

The Birth of... / Dom-T (Demo, JavaScript, 11th at Tokyo Demo Fest 2016)
Eine schöne Überraschung ist diese Geburt geworden, die in unserem Fenster zur Welt des Internets stattfindet. Mit einer verdammt hübschen Dot-Landschaft, einem melodischen Soundtrack und hüschen, an Blumen erinnernden Effekten, gibt Autor und Designer Dom-T einen wirklich guten Einstand in die Demoszene. Das macht Lust auf mehr und bringt vielleicht mit dem nächsten Release auch den Tick an Mehrwert, die noch ein bisschen nachhaltiger in Erinnerung bleiben wird. Mit Platz 11 beim Demo-Wettbewerb in Tokyo wurde The Birth of... allerdings viel zu sehr abgestraft. Wir hätten es drei bis vier Plätze höher angesiedelt.

(Bobic, 29.02.2016)




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